Donjon 9: Tränen und Nebel

Dass inzwischen wieder regelmäßig neue »Donjon«-Comics von Joann Sfar, Lewis Trondheim und deren vielen kreativen Mitstreitenden erscheinen, ist ausgesprochen erfreulich. Der europäischen Szene des grafischen und fantastischen Erzählens hat ohne »Donjon« einfach etwas gefehlt. Auch, weil die Comics immer richtige Fantasy-Wundertüten sind, man nie weiß, was einen in einem Band erwartet.

Das Cover des Comic-Albums »Donjon 9: Tränen und Nebel« aus dem Reprodukt-Verlag
Sfar, Trondheim, Bulet:
Donjon 9: Tränen und Nebel
Reprodukt, 2023

Mehr Hintegründe und Fakten zu »Donjon« habe ich vor einigen Jahren mal in einem Artikel für den Tagesspiegel zur Rückkehr der Reihe (mit einem Prequel) zusammengefasst, kann man kostenlos online nachlesen.

Das neueste im Berliner Reprodukt-Verlag auf Deutsch erschienene Comic-Album der »Donjon«-Hauptserie von den Autoren Sfar und Trondheim sowie Zeichner Boulet heißt »Tränen und Nebel«. Hinter dem tollen Cover, das ich mir übrigens auch sofort in XXL hier in der Endres’schen Prosaproduktionsanlage aufhängen würde, wartet eine starke, überraschende, und beizeiten ziemlich krasse Fantasy-Geschichte.

Helden-Erpel Herbert und Katzen-Kriegerin Isis bekommen Nachwuchs, und ihre kulturellen Unterschiede (und ihre demzufolge sehr unterschiedlichen Vorstellungen davon, wie man ein Kind erziehen oder aufs raue Leben vorbereiten sollte) sorgen für Spannungen, Drama, und sogar eine Menge Leid.

In der Folge ist dieser satirische, witzige, 48 Seiten knackige Fantasy-Comic aus Frankreich nicht nur überraschender als viele andere Genre-Werke – er geht auch wesentlich weiter, und präsentiert sich dabei deutlich drastischer (und blutrünstiger). Einige Wendungen sieht man selbst als eingefleischter »Donjon«-Fan oder Genre-Crack echt nicht kommen, obwohl man es bei Sfar und Trondheim und dem Donjon eigentlich besser wissen müsste …

Die Lektüre bereitet (wie immer) großes Vergnügen, wenn man schon einiges an »Donjon«-Comics intus hat, funktioniert aber auch (wie gewohnt) relativ gut, sollte es der Erstkontakt mit diesem aus parodistischem Kalkül so ausufernd wirkendem Comic-Universum sein, das im Übrigen wesentlich zugänglicher ist, als seine verrückte Nummerierung einen glauben lassen möchte.